Die Geschichte Schadda Wesa
Es ist schon lange her, als die Welt eine andere war. Damals sind mystische Wesen auf diesen Erden umhergewandelt. Manche wurden gesehen, andere verfolgt. Wieder andere waren wie Geister. Von ihnen hat man zwar etwas gehört, jedoch nie gesehen. Es waren die Schadda Wesa, die wie ein Gerücht, ein Déjà-vu, auf dem geistigen Auge wandelten. Manche behaupteten sogar sie gesehen zu haben, aber an solche Gerüchte glaubten die wenigsten zu jener Zeit.
Alles begann an einem kalten Herbsttag. Ich war jung und unerfahren, dennoch strebte ich schon immer nach etwas Größerem, was mir in baldiger Zukunft den Weg in eine andere Welt ebnen sollte. Nicht, dass ich mich beklagen wollte, dass es mir an etwas fehlte. Vielmehr habe ich schon immer in mir etwas gespürt, was ich nicht deuten konnte. Aber ich schweife ab...
An jenem Abend saß ich nun wie so oft in einem Pub, dessen Name etwas mit meiner baldigen Zukunft zu tun hatte. Das „Hexenstüble“ war nicht groß, jedoch umso größer in den Eindrücken, die es bei jedem Aufenthalt in mir hinterlassen hatte. Gerade an diesem Abend, als die Kürbisse die Hauseingänge schmückten und kleine Geister von Haus zu Haus gingen, war es etwas Besonderes.
Gegen neun Uhr abends kam eine Frau herein. Bei ihrem Anblick dachte ich sofort an eine Hexe. Dies sollte ich bald bereuen. Noch bevor ich den Gedanken zu Ende bringen konnte, starrte sie mich an. Ihre Blicke trafen mich wie ein Blitz. Ich schloss für eine Sekunde meine Augen. Als ich sie wieder öffnete, stand sie direkt vor mir. Nun sah ich es ganz deutlich. Ihre grünen Augen, die schiefe Nase, das schmale Gesicht, der abgeknickte Hut. Sie war eine echte Hexe. Sie war so dicht vor mir, dass ich ihren faulen Atem riechen konnte als sie sagte: „Du fliegst um den Stocksberg und stellst ein Kreuz. Du wandelst durch den Sumpf und stellst ein Kreuz. Du rumpelst und bumpelst durch Leremy, bei Tage und bei Nacht und stellst ein Kreuz, bevor der Schadda Wesa in dir erwacht.“
Dies ist nun mittlerweile zehn Jahre her. Seit der Begegnung mit der Hexe habe ich drei Kreuze aufgestellt. Eines auf dem Stocksberg, ein weiteres in einem Sumpf. Das letzte stellte ich im Frühjahr 2017 in Leremy auf.
Einige Tage nach dem ersten Frühlingsvollmond erschien die Hexe wieder. Ich erkannte sie sofort. Sie kam zu mir, schaute mich an und sagte: „Du bist geflogen um den Stocksberg. Du bist gewandelt durch den Sumpf. Du rumpeltest und bumpeltest durch Leremy, bei Tag und bei Nacht. Nun erwacht bald der Schadda Wesa, gib Acht.“
Nach diesen Worten verschwand die Hexe so schnell wie sie erschienen war. Ich hörte nur noch ein „Hi Hi Hi die Hex war hi“ durch die Nacht ertönen. Das Feuer wurde kurz darauf entfacht, es war Walpurgisnacht.
Die Sonne brannte auf der Haut. An jenem Sommertag war es so heiß, dass man meinte, Mephisto käme hoch und wolle nach dem Rechten schauen. Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, war es wie ein Déjà-vu welches mich beschlich.
An diesem Abend, der Abend im Sommer der auch als Sommersonnenwende gefeiert wird, stand ich auf einer Weide. Nebenan ein großer alter Baum. Im Mondschein sah dieser so majestätisch aus, wie man ihn sich kaum vorstellen konnte. Dennoch war es anders als sonst, an jenem Abend. Im Schatten des Baumes regte sich etwas, ein Wesen was ich zuvor noch nie erblickt hatte. Das Wesen trat hervor. Meine Beine wurden wackelig, ich hatte Gänsehaut auf dem verschwitzen Rücken.
Das Wesen sprach mit einer dunklen, tiefen Stimme: „Ich, Mephisto, habe dich erwählt die Schadda Wesa zu führen. Diese Aufgabe sollst du jedoch nicht allein tragen, weitere Schatten werden dir Folgen. Du sollst an deine Seite Feen und Dämonen bekommen. Führe Sie mit Stolz in eine neue großartige Zukunft“
Ich stand wie angewurzelt da, als Mephisto mit dem Stock auf dem Boden klopfte. Plötzlich stand eine Fee neben mir. Sie war eine schwarze mit einem weißen Gesicht. Ein weiteres Klopfen auf dem Boden ertönte im Schatten des Baumes. Auf einmal hatte ich so starke Schmerzen, dass ich zu Boden ging. Als ich erwachte, war ich ein anderer. Ich war der Fürst der Dämon – ich war Pe-Kar. Neben mir stand die schwarze Fee, sie sagte nur einen Satz zu mir: „Zusammen sind wir stark - wir sind die Schadda Wesa.“
Mephisto sah mir tief in die Augen und sagte: „Mein Stab soll jetzt dir gehören, auf das du die Schadda Wesa in ein großartiges Zeitalter führst. Bedenke aber noch eines Pe-Kar: wenn du ihn bei seinem richtigen Namen nennst, erscheine ich!“ Weiter sagte Mephisto nach einer Pause: „Jeden den Ihr als geeignet erwählt, muss sich eine Reihe von Prüfungen unterziehen. Die Auswahl dieser obliegt Euch. Wählet auch diese Aufgaben mit Bedacht, sodass der Schadda Wesa in ihnen erwacht.“ Mephisto gab mir noch einen Ring mit auf dem Weg. Welcher den Pakt besiegeln solle, mit den neuen Schadda Wesa´s.
Mit diesen Worten schob sich eine Wolke vor den Mond und der Schatten des Baumes war verschwunden, genauso wie Mephisto. Seine Worte hallten in mir nach bis die schwarze Fee mich an der Hand nahm und sagte: „Lass uns weitere Schattenwesen suchen.“
Als der Mond wieder erschien, war ein Zeichen an dem Baum, das Zeichen der Schadda Wesa.
Nach einem Jahr auf der Suche nach neuen Schatten, waren wir uns einig, dass eine Behausung uns dienen soll. Einige Orte haben wir besucht, einige Menschen gefragt, jedoch verstand man nicht unser Anliegen. Doch eines Tages waren wir auf der Burg Löwenstein, sie war verlassen. Keiner wollte dieses Beherbergen, was sich ab sofort mit uns ändern sollte.
Seit April 2017 sind wir die Schadda Wesa aus Löwenstein. Ein jeder wird sich nach uns umdrehen, wenn er uns erblickt.
Im Jahre 2022 erschien Mephisto erneut, um Pe-Kar auf eine andere Aufgabe vorzubereiten, es kamen Zweifel auf was dann mit den Schadda Wesa geschehe.
Doch die Geschichte geht weiter...
Einige Jahre sind dahingegangen und die erwachten Wesen aus dem Schatten fanden sich wie schon öfter vor dem Bergfried der Burg Löwenstein ein.
Aus dem einst stolzen Heer von Dämonen und Feen ist nach unzähligen Schlachten nur noch ein kleiner, überschaubarer Haufen übriggeblieben. Sie wollten sich mithilfe eines Zauberers für die Nachwelt (oder heißt es hier Nachschatten?) verewigen, damit sie nicht ganz in Vergessenheit gerieten.
Als sie so zusammenstanden, sich unterhielten und mitgebrachte Finger verspeisten, geschah etwas, was sie noch nie erlebt hatten.
Ein dumpfer, fast urzeitlicher Ton erschallte und mit viel Getöse erschienen zwei schwarz vermummte Gestalten, denen eine alte, runzelige Frau mit auffallend großer, krummer Nase folgte.
Wie unter einem Bann versammelten sich die Feen und Dämonen um das Trio. Die Hexe (das erkannte man nun deutlich) trat vor und blickte, auf ihren knotigen Gehstock gestützt, in die Runde.
„Wie ihr wisst hat Mephisto euren einstigen Führer, Pe-Kar, aus welchen Gründen auch immer, abgerufen.
Ich, Borbeth, die Alte wurde angehalten nach euch zu sehen und euch auf eure neuen Aufgaben vorzubereiten. Ihr, die hier anwesenden Schattenwesen, werdet hiermit aufgefordert weiterhin Freud und Spaß unter den Menschlein zu verbreiten und weitere Wesenheiten unter eurem Banner zu versammeln.
Jeder hat in dieser Runde die gleichen Rechte und Pflichten und es wird keiner herausgehoben. Wie schon in vergangenen Zeiten werde ich euch ab und an in verschiedenen Rollen einen Besuch abstatten, um euren Werdegang zu überwachen. Nun geht hinaus und stellt euch eurer Aufgabe.“
Mit diesen Worten dreht sich die Alte um und verschwand mit ihren Begleitern in der nun schon hereinbrechenden Dunkelheit, im Schatten eben!
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